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Impact Investing: Das nachhaltige Investieren gewinnt auch bei Immobilien an Bedeutung. Es bringt bisher kontroverse Ansätze unter einen Hut.

Benjamin Schramm, M.Sc., wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement der TU Braunschweig Prof. Dr.-Ing. Tanja Kessel, Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement, TU Braunschweig

Mit dem EU-Aktionsplan „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ legt die Europäische Kommission im März 2018 ein neues Klassifikationssystem zum nachhaltigen Wirtschaften vor. Kurzfristige und rein renditeorientierte Investitionsentscheidungen sollen durch Hinzuziehung von umweltbezogenen und sozialen Erwägungen zu mehr Investitionen in längerfristige und nachhaltigere Aktivitäten führen. Dies stellt einen Paradigmenwechsel im Finanzsystem dar und führt zu einer umfassenden Umgestaltung von Investitionsentscheidungen und Anlageformen.

Gemäß dem Aktionsplan sollen zum einen die langfristigen Bedürfnisse der Gesellschaft finanziert und zum anderen die Faktoren Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Ethik (Governance), sog. ESG-Kriterien, stärker bei Anlageentscheidungen berücksichtigt werden. Genau diese Ziele verfolgen die noch relativ jungen Anlageformen der nachhaltigen Geldanlagen, wie das „Impact Investing“ oder das „ESG-Investing“, die auch im Immobilienbereich Anwendung gefunden haben. Neben einer positiven Rendite sollen auch positive Wirkungen in den ESG-Bereichen erzielt werden.

Rendite maximieren versus Gutes tun

Traditionell standen bislang zwei kontroverse Ansätze der Kapitalverwendung mit unterschiedlichen Intentionen gegenüber. Auf der einen Seite befand sich das traditionelle Investment, bei dem vorwiegend die finanzielle Rendite von Bedeutung war, während auf der anderen Seite philanthropische Spenden standen, bei denen vereinzelte Investoren Ziele nicht finanzieller Natur verfolgten, um gesellschaftliche Veränderungen anzustoßen. Die sogenannten nachhaltigen Geldanlagen stellen eine hybride Investmentform dar, mit der die Lücke zwischen der klassischen renditeorientierten Kapitalanlage und der traditionellen Spende geschlossen wird. Neben den herkömmlichen Kriterien der Rentabilität, Liquidität und Sicherheit werden zusätzlich ökologische, soziale sowie auch ethische Aspekte direkt in die Investmententscheidung eingebunden, um damit Kapital für die gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit zu mobilisieren.

Die Bandbreite nachhaltiger Investitionsansätze sowie deren verfolgte Ziele sind in der nachfolgenden Abbildung skizziert. In der Literatur werden die Bezeichnungen für die einzelnen Investmentansätze häufig nicht eindeutig definiert. Die in der Abbildung vorgenommene Abgrenzung basiert deshalb auf verschiedenen Quellen und versucht so, die unterschiedlichen Ansätze führender Finanzdienstleister, großer Netzwerke, gemeinnütziger Organisationen etc. in Einklang zu bringen.

 

 

Was ist Responsible- und Sustainable Investing?

Das Responsible Investing ist eng an das traditionelle Investment angelehnt, wobei hier neben den finanziellen Kriterien zusätzlich ESG-Kriterien in den traditionellen Investitionsanalysen und Entscheidungsfindungsprozessen berücksichtigt werden, um Risiken zu minimieren, Finanzerträge zu maximieren sowie Erwartungen von Nutznießern und Kunden zu erfüllen. Die Umsetzung des Responsible Investings erfolgt in der Regel durch die Einbindung von ESG-Kriterien auf institutioneller Ebene, indem sich zu öffentlichen Standards oder Prinzipien, wie z.B. den UN Principles for Responsible Investment (UN PRI) oder den Sustainable Development Goals (SDG) bekannt wird.

Das Sustainable Investing bezieht ebenso ESG-Kriterien in die Anlageentscheidung mit ein. Allerdings ist dieses einen Schritt näher an einer Corporate Philanthropy angelehnt, indem nachhaltige Aspekte nicht mehr nur einbezogen werden, um Risiken zu minimieren und die finanzielle Rendite zu erhöhen, sondern um effektiv eine Wirkung zu erzielen und ungenutzte Investmentchancen zu realisieren. Die Umsetzung erfolgt folglich auf Produktebene, wodurch die ESG-Kriterien tiefer in den Anlageprozess eingebunden und explizit in den Anlagebedingungen der Investoren und Asset Manager festgehalten werden.

Impact Investing

Das Impact Investing geht noch einen Schritt weiter in Richtung Corporate Philanthropy als die bereits vorgestellten ESG-Investings, indem der Hauptzweck solcher Investitionen darin besteht, positive soziale oder ökologische Wirkungen zu erzielen. Typische Beispiele für Impact Investments im Immobilienbereich stellen unter anderem grüne Immobilien, erschwinglicher Wohnraum oder Bildungseinrichtungen dar, bei denen bereits ab Planungsbeginn ökologische und nachhaltige Konzepte in die Immobilienprojekte integriert werden.

Die gebräuchlichste Begriffsdefinition für Impact Investments stammt vom gemeinnützigen Global Impact Investing Network (GIIN), welches sich zum Ziel gesetzt hat, die Effektivität und Wirtschaftlichkeit von Impact Investments zu steigern, um damit zur Verbreitung dieser neuartigen Investmentform beizutragen. Das GIIN definiert Impact Investments als Investitionen in Unternehmen, Organisationen oder Fonds, welche die explizite Absicht haben, neben der Verzinsung des eingesetzten Kapitals eine positive gesellschaftliche und ökologische Wirkung (Impact) zu erzielen. Weiterhin nennt das GIIN vier Merkmale, die das Impact Investing auszeichnen und damit eindeutig von den anderen Investmentansätzen abgrenzen.

An erster Stelle steht die bewusste Generierung und Verfolgung eines sozio-ökologischen Impacts. Ein weiteres Grundprinzip ist die Erwirtschaftung einer finanziellen Rendite. Dabei wird mindestens eine Rückzahlung des investierten Kapitals vorausgesetzt. Zudem zeichnet sich Impact Investing durch eine große Bandbreite an Assetklassen und angestrebten Renditen aus. Ein weiteres wichtiges Kennzeichen von Impact Investing besteht darin, dass sich die Investoren verpflichten, den erzeugten Impact zu messen und zu quantifizieren.

Potenzielles Marktvolumen bis zu einer Billion US-Dollar

In den vergangenen zehn Jahren hat das Impact Investing stark an Bedeutung gewonnen. Der im April 2019 vom GIIN veröffentlichte Bericht „Sizing the Impact Investing Market“ präsentiert erstmals eine Schätzung über die Größe und damit die Bedeutsamkeit des Impact Investment Marktes. Es wird davon ausgegangen, dass derzeit über 1.340 Organisationen weltweit ein Impact Investing-Vermögen von 502 Milliarden USD verwalten. Auch in Zukunft ist aufgrund des zunehmenden Nachhaltigkeitsbewusstseins – insbesondere bei den jüngeren Generationen – mit einer steigenden Nachfrage zu rechnen. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte prognostizierte bereits 2018 dem Impact Investing Markt ein potenzielles Marktvolumen zwischen 650 Milliarden und 1 Billion Dollar bis zum Jahr 2020, weshalb die Forschungsarbeit hinsichtlich eines einheitlichen Bewertungsansatzes für Immobilieninvestitionen mit Blick auf die Zukunft bereits heute von großer Bedeutung ist.

Mit der Forderung des EU-Aktionsplans, Investitionsentscheidungen durch die Berücksichtigung der ESG-Kriterien nachhaltiger zu gestalten, wurde durch eine hochrangige Expertengruppe bereits eine Taxonomie für nachhaltiges Wirtschaften entwickelt, die sich auch auf Immobilienfonds anwenden lässt. Die erarbeiteten Klassifizierungen beziehen sich weitestgehend auf Umweltverträglichkeitsaspekte. Einen Schritt weiter ist GRESB, ein Bewertungssystem zur Messung der Nachhaltigkeit von Immobilienunternehmen und Immobilienfonds.  Dieses berücksichtigt neben den ökologischen Aspekten auch Governence- und ansatzweise Gesellschaftsaspekte.

Aus Sicht der Autoren sind weitere Anstrengungen zu unternehmen, die Bewertungsmaßstäbe auf Objektebene ganzheitlich ESG-orientiert, transparent, messbar und für jeden Anleger nachvollziehbar zu gestalten und gleichzeitig die Überlegung von Zertifizierungen von Einzelobjekten oder auch von Quartieren weiterzuentwickeln. Im Ergebnis müssen neben den ökonomischen auch die positiven ökologischen, sozialen und ethischen Wirkungen der Finanzanlage nachweisbar sein.

Im Zuge dessen hat sich der Lehrstuhl für Infrastruktur- und Immobilienmanagement an der Technischen Universität Braunschweig zum Ziel gesetzt, einen Bewertungsansatz zu entwickeln, der die Abbildung der ökologischen und sozialen Mehrwerte von Immobilienprojekten ermöglicht.